Insolvenzpläne als gestalterisches Element der Insolvenz in EigenverwaltungDer Insolvenzplan ist Teil des jeweiligen Insolvenzverfahrens und verfolgt gem. § 1 S. 1 InsO das übergeordnete Ziel der bestmöglichen Gläubigerbefriedigung. Das in den §§ 217 bis 269 InsO geregelte Insolvenzplanverfahren kann also nur dann Anwendung finden, wenn nachgewiesen wird, dass die Gläubiger durch den Plan besser gestellt werden als durch ein Regelinsolvenzverfahren. Die rechtlichen Rahmenbedingungen des Insolvenzplans bildete bei der Reformation des Konkursrechts erstmals die Insolvenzordnung 1999. Der Mindestumfang umfasst demnach den darstellenden (Sanierungsplan) und den gestaltenden Teil (Quotenplan). Seit der ersten Fassung des IDW S 2 im Jahre 2000 haben sich die Anforderungen an Insolvenzpläne in der Praxis stetig weiterentwickelt. In der Neufassung des IDW Standard 2 aus Dezember 2019 werden gesetzgeberische Entwicklungen, weitere Anforderungen aus der Rechtsprechung sowie wichtige Aspekte aus Diskussionen in der Literatur berücksichtigt. Wesentliche Änderungen in der Neufassung des IDW S 2 aus Dezember 2019Die Gliederung der Neufassung ähnelt grundsätzlich der alten Fassung. Als wesentliche Neuerungen sind hervorzuheben:
Ein Schwerpunkt des IDW S 2 sind die präzisen Ausführungen zur Gruppenbildung. Die Pflicht zur Gruppenbildung gem. § 222 InsO soll sicherstellen, dass alle vom Plan betroffenen Personen ausreichend am Verfahren beteiligt werden. Weiterhin bietet die Bildung von Gruppen einen gewissen Schutz davor, dass einzelne Gläubiger durch privatautonome Vereinbarungen einseitig schlechter gestellt werden. Ausschlaggebend für die Gruppenbildung sind die jeweils zugrunde liegenden Rechtsstellungen und Interessen der Gläubiger. Nach § 222 Abs. 1 Nr. 1-4 InsO werden die Gläubiger in die folgenden Pflichtgruppen aufgeteilt:
Neben den oben genannten Pflichtgruppen können gem. § 222 Abs. 2 InsO aus den Gläubigern mit jeweils gleicher Rechtsstellung weitere Gruppen gebildet werden, in denen Gläubiger mit gleichartigen wirtschaftlichen Interessen zusammengefasst werden. Die dargestellten Gruppen stimmen in der Gläubigerversammlung über die Annahme oder die Ablehnung des Insolvenzplans ab. In der Praxis hat der Planersteller bei der Gruppenbildung erheblichen Spielraum. Er kann dabei taktisch derart vorgehen, dass er kritische Gläubiger, also potenzielle „Nein-Sager”, in separate Gruppen isoliert oder bspw. in einer großen Gruppe „untergehen lässt”. Denn für die Annahme des Plans ist es ausreichend, dass die Mehrheit aller Gruppen bzw. aller Stimmrechte dem Plan zustimmt und nicht die Mehrheit aller Gläubiger. Die Neufassung des IDW S 2 schränkt die Ermessensspielräume zwar ein, kann die Subjektivität in der Ausgestaltung des Insolvenzplans jedoch nicht vollständig ausschließen. FazitDer Ersteller eines Insolvenzplans hat zahlreiche Möglichkeiten bei der Bildung der Gruppen (Anzahl und Größe, Auf- & Verteilung der Gläubiger etc.). Folglich kann durch eine geschickte Gruppenbildung über Erfolg oder Misserfolg eines Insolvenzplans entschieden werden. Das IDW spricht sich in seiner Neufassung des S 2 für eine präzise Dokumentation bzgl. der gewählten Kriterien und Vorgehensweise bei der Bestimmung und Abgrenzung der einzelnen Gruppen nebst Begründung aus. Außerdem empfiehlt es sich, die Gläubigergruppen differenzierten Gläubigerverzeichnissen nach § 152 InsO zuzuweisen, um eine Eindeutigkeit der Gruppenzugehörigkeit sicherzustellen. Bei den Ausführungen zur Gruppenbildung handelt es sich um eine wesentliche inhaltliche Änderung, die zur Vermeidung des Missbrauchs des gesetzlichen Spielraums beitragen soll. |
||
Gut zu wissenDie Beteiligung der Gläubiger im Insolvenzeröffnungsverfahren 14.8.2020
Sanierung unter dem Schutzschirm: Ein Praxisfall 22.7.2020
Sanierung: Steuerliche Folgen beachten 22.7.2020
Anforderungen an ein Sanierungsgutachten nach IDW S 6 22.7.2020
|